Als Opa noch spielte Teil 1

D I E   K R E I S K L A S S E N   D E R   U C K E R M A R K   1 9 4 5   B I S   1 9 5 2 

Vielerorts war es nach 1945 nur unter schwierigsten Bedingungen möglich dem Fußballsport nachzugehen. Die alten Vereine wurden durch die alliierten Besatzungsmächte aufgelöst. (*) Somit fehlte eine komplette Vereinsstruktur. Diese neu zu schaffen, war in der Stunde Null nicht sofort möglich, da der männliche Teil der Bevölkerung durch Gefangenschaft, Verwundung, Vertreibung und Aufräumarbeiten sowie Nahrungsmangel arg dezimiert und uninteressiert war. Man hatte einfach das Überleben zu sichern und fand kaum Zeit für eine sinnvolle Freizeitgestaltung. Außerdem waren die Sportplätze durch Kriegsschäden oft unbespielbar. In Gartz wurde der Platz in den Kriegsjahren als Raufuttersammelstelle benutzt. Dadurch war die Rasenfläche zerstört. In Schwedt glich der Sportplatz Heinrichslust durch Artilleriebeschuß einer Mondlandschaft. Erst später wurde er planiert und mit Schlacke aufgefüllt und geglättet. Man spielte derweil auf dem alten Platz auf dem Kasernenhof, den man ebenfalls erst herrichten mußte. Außerdem fehlte es an Fahrzeugen und Benzin. Aus diesen und anderen Gründen blieb der Spielbetrieb im Osten Deutschlands auf Anordnung der sowjetischen Besatzer bis 1948 hauptsächlich auf die Kreisebenen begrenzt.

(*) Aus dem genannten Grund verbietet es sich aus meiner Sicht förmlich bei Vereinen auf dem Gebiet der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone auf ein z.B. 100-jähriges Bestehen oder eine Gründung vor 1945 zu verweisen. Auch wenn die neuen Vereine zum Teil von ehemaligen Vereinsmitgliedern gegründet wurden, die Pause zwischen der Auflösung 1945 und den Neugründungen ab 1948 läßt solche Bezüge einfach nicht zu. Die Sportgruppen waren oftmals lose Zusammenschlüsse und können daher nicht als Vereine bezeichnet werden.


Plakat aus Schwedt 1946 Quelle: Stadtarchiv Schwedt

Erst ca. 1 Jahr nach dem Kriegsende konnten neue Strukturen für einen Spielbetrieb geschaffen werden. Es gründeten sich in vielen Städten und Gemeinden die ersten sogenannten Sportgruppen auf Initiative der am 7. März 1946 gegründeten Jugendorganisation FDJ. In fast allen Orten in der sowjetischen Besatzungszone verlief diese Entwicklung nahezu identisch und zeitgleich ab. Die Sportgruppen und andere lose organisierten Mannschaften maßen ihre Kräfte in den Jahren 1946/47 in unserer Region in einem Wettspielbetrieb.


Probleme gab es dabei an allen Ecken und Enden. Transportmittel waren rar. Die Schwedter fuhren mit einem Pferdegespann oder dem Fahrrad zu den Auswärtsspielen. In Gartz mußte ein mit Holzvergaser ausgerüsteter Transporter herhalten. Der Vorteil - der Kraftstoff wuchs am Straßenrand und man konnte Pausen mit dem Nützlichen verbinden.
Eine einheitliche Spielkleidung war auch für viele Beteiligten kaum zu finden. Trikots wurden per Hand genäht und gefärbt und bei Spielerwechseln mußten die wenigen Fußballschuhe getauscht werden ohne Rücksicht darauf zu nehmen, welche Schuhgröße der andere eigentlich hatte. Die Schuhe kniffen oder wurden mit Papier ausgestopft oder man spielte mit mehreren Paar Socken. Wunde Füße und Blasen waren oftmals die Folge.
Über die beteiligten Mannschaften in diesem Wettspielbetrieb liegen so gut wie keine Informationen vor. Sicher sind nur Mannschaften aus Schwedt, Passow, Pinnow und mit großer Wahrscheinlichkeit aus Angermünde.
Angaben über Ergebnisse und Tabellen der untersten Ligen sind bis Anfang der 50-er Jahre leider nur über Zeitzeugen zu ermitteln, da die Zeitungen darüber kaum und unregelmäßig berichteten.


Sportecho 1947

Im Sommer 1947 wurden im Nachbarkreis Eberswalde-Oberbarnim die 1. und 2. Kreisklasse gegründet. Da auch hier bestätigte Informationen für die Ostuckermark fehlen, ist eine identische Gründung der hiesigen Kreisklassen in diesem Zeitraum anzunehmen. Ob es einen Spielbetrieb gab und wie dieser sich gestaltete ist nicht bekannt. Einem “Sportecho”-Bericht aus jener Zeit (1947 ?) kann man entnehmen, daß das Land Brandenburg in Sportbezirke (4 Sportbezirke bis 1951) eingeteilt war und der Sportbezirk Eberswalde von nun an den Namen Brandenburg-Nord führe.


KK Angermünde Tabelle 1949/50

Die höchste Spielklasse war demnach die “Bezirksliga” mit den 1. Mannschaften der Sportgruppen (SG) Eberswalde-Nord, Eberswalde-Süd, Angermünde, Finow, Finowfurt, Freienwalde, Britz, Prenzlau-Nord und Zehdenick. In der “2. Bezirksklasse” spielten die 2. Mannschaften (damals auch Reserve genannt) der Bezirksligisten. Darunter wurden 3 Kreisklassen A (Oberbarnim-Lebus), B (Angermünde-Prenzlau) und C (Templin) eingerichtet um auch kleinsten Sportgruppen einen regelmäßigen Wettkampfbetrieb zu ermöglichen. Die Kreismeister spielten um den Aufstieg in die Bezirksliga. Es gab nur einen Auf- und Absteiger der Bezirksliga.
In der Zeit 1948 - 49 wurde nach unbestätigten Angaben in einer uckermarkweiten Kreisklasse gespielt. Es handelte sich dabei wahrscheinlich um eine Kreisklasse adäquat unserer heutigen Struktur mit einer überregionalen Kreisklasse (Bezirksliga ?) und darunter spielenden Kreisklassen im West- (Prenzlau) und Ostuckermarkbereich (Angermünde). Dies kann von anderen Hinweisen abgeleitet werden. Gegner im Angermünder Bereich waren die Sportgruppen aus Schwedt, Oderberg, Gramzow, Greiffenberg, Britz, Lunow, Biesenbrow u.a.. Ehemalige Spieler sprechen von einer übergeordneten “verstärkten Kreisklasse”, die der Vorläufer der späteren Bezirksklassen sein soll. 1949 stieg angeblich die BSG KWU Schwedt aus einer unteren Kreisklasse in diese überregionale Kreisklasse auf. Die Schwedter sollen dazu Aufstiegsspiele zwischen einem Sieger Ostuckermark (BSG KWU Schwedt) und einem Sieger Westuckermark (Fürstenberg/Havel) austragen haben. Eine geteilte Struktur wie heute ist noch nicht bestätigt und gilt daher als unsicher. Die Sieger der höchsten Kreisligen (siehe 4 Sportbezirke) oder Stadtmeisterschaften spielten bis 1949 in Turnierform den Landesmeister aus.
Erstmals wurde dann ab der Saison 1949/50 mit Landes-, Bezirks- und Kreisklasse gespielt. Die Ligenstruktur des Deutschen Sportausschußes (DS) - Sparte Fußball (später DTSB) sah so aus, daß man mit er DS-Liga (1. Oberligasaison der DDR), darunter die Landesklassen der Länder und darunter der Bezirksklasse Brandenburg spielte. Diese Bezirksklasse war in 4 Regionen (siehe Sportbezirke) eingeteilt, die wiederum jeweils 2 Staffeln aufwiesen. Im Bezirk Nordost spielten aus unserer Region in der Staffel A die SG Gartz und die SG Angermünde. Ein Jahr später 1950/51 kam als 2.-höchste Spielklasse der DDR die DS-Liga mit den Staffeln Nord und Süd hinzu. Die Bezirkslassen wurden auf 4 Staffeln reduziert. In der Staffel Nordost spielte u.a. die BSG Holzwerke Gartz. Aus der Spielzeit 50/51 liegt aus der “Märkischen Volksstimme” auch eine Ergebnismitteilung für die Kreisklassen vor. Dabei spielte eine Kreisklasse Uckermark (verstärkte Kreisklasse ?) mit folgenden Mannschaften: Anker Oderberg, Stahl Eberswalde, Einheit Freienwalde, Fürstenberg/Havel, Eintracht Prenzlau, Lok Angermünde, Traktor Brüssow, Traktor Züsedom, Konsum Eberswalde, Einheit Gramzow, KWU Schwedt und Traktor Wriezen. Sieger wurde wohl Brüssow, da diese Mannschaft im folgenden Jahr in der Bezirksklasse als Neuling spielte.


1950/51 Bericht aus der "Märkischen Volksstimme"


Alle diese Vereine dürften allesamt nach der Gründung des Deutschen Sportausschußes Mitte 1948 entstanden sein. Bestätigung findet man in den vielen Vereinsgründungen ab diesem Zeitraum z.B. in Gramzow, Angermünde, Gartz u.a.. In der 2. Kreisklasse tummelten sich 1950/51 bereits die Vorgänger heutiger Vereine wie Traktor Greiffenberg, Freundschaft Schönow, Traktor Wilmersdorf, aber auch Traktor Flemsdorf, Traktor Joachimsthal und Traktor Biesendahlshof, ein Vorläufer der heutigen Mannschaft von Schwarz-Weiß Casekow. Leider muß auch hier eine ungenaue Meldung in Betracht gezogen werden, da u.a. KWU Schwedt bereits ab 1950 zu Traktor Schwedt gehörte.
Es muß noch ergänzt werden, daß im Jahre 1950 eine erste Gebietsreform erfolgte, bei der der Kreis Uckermark aufgelöst und u.a. der Kreis Angermünde gegründet wurde. Durch die Umstrukturierung der Kreise mußten auch die Kreisligen 1951/52 umgestaltet werden. Unterhalb der 4 Bezirksklassen (Staffel Nordost mit der BSG Holzwerke Gartz) spielten die 1. und 2. Kreisklasse Angermünde. Nun beginnt sich langsam das Dunkel der Unkenntnis zu lichten. Die Anzahl der Mannschaften stieg ab 1949 rapide, da zum einen die Sportstrukturen verbessert wurden und reichlich Spieler aus der Kriegsgefangenschaft heimkehrten. Traktor Schwedt stieg 1951/52 als Kreismeister des Kreises Angermünde in die Bezirksklasse des 1952 neu gegründeten Bezirkes Frankfurt/Oder auf. Gesichert wurde der Kreismeistertitel in Biesendahlshof. Sieger der 2. KK und Aufsteiger in die 1. KK wurde Traktor Grünow.
In der Aufstellung der neuen Bezirksklasse 1952/53, wo die Mannschaften unserer Region in der Staffel B spielten, wurden 10 von 12 Teilnehmern als Neulinge geführt. Demnach mußten neben dem Kreismeister aus Schwedt, auch Empor Angermünde und die Spielvereinigung Vorwärts der Kasernierten Volkspolizei (KVP) Pinnow 1951/52 in der Kreisklasse Angermünde gespielt haben. Auch die SG „Freundschaft“ Schönow und Traktor Biesendahlshof gelten als gesicherte Teilnehmer. Nicht bestätigt sind Joachimsthal, Greiffenberg, Wilmersdorf und Flemsdorf. Die BSG Aufbau Gartz (Nachfolger der BSG Holzwerke) spielte bereits in der Bezirksklasse.
In einer weiteren Gebietsreform mußte der Kreis Angermünde 1952 südliche Gebiete mit Joachimsthal und Oderberg an den Kreis Eberswalde abgeben, erhielt aber im Norden Gebiete um Gartz dazu.


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Die Kreisklassen
Als Opa noch spielte Teil 2